Neue Soziallotterie im Zeichen der Bildung

In Deutschland hat eine neue Soziallotterie eröffnet – die Bildungs-Chancen-Lotterie (BCL) , deren Erlöse Kitas, Schulen und Bildungsprojekten zugutekommen sollen. Das Modell wird jedoch auch kritisiert.

Ein Screenshot zeigt die Homepage der Bildungs-Chancen-Lotterie

Das Solo-Los der Bildungs-Chancen-Lotterie ist ausschließlich online zu erwerben, womit sich die Betreiber dem modernen Glücksspiel-Zeitgeist anschließen wollen. (Screenshot bildungslotterie.de)

Die Bildungs-Chancen-Lotterie wurde mit der ersten Ziehung am 03.07. in Deutschland etabliert. Hervorgegangen ist sie aus einer Kooperation zwischen dem Stifterverband der Deutschen Wissenschaft, der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung und der weltweit agierenden Organisation SOS Kinderdörfer. Über den Verkauf von Losen wollen die Betreiber Geld für das globale Bildungswesen generieren und damit Projekte auf der ganzen Welt unterstützen.

Ein Los kostet 15 Euro, bei einer Laufzeit von vier Wochen. Die Ziehungen finden wöchentlich statt. Den Spielern winken Geld- und Sachpreise im Wert von bis zu zwei Mio. Euro. Die geringste Gewinnsumme liegt bei 50 Euro. Gewählt werden kann hier zwischen Solo-Losen und Team-Losen für bis zu zehn Spieler, welche ausnahmslos im Internet zu erwerben sind. Pro Ziehungsperiode liegt die Gewinnchance bei 1:2.500.000. Die Erlöse der BCL werden nach Angaben der Betreiber gedrittelt, wonach jeweils ein Drittel in die Gewinnausschüttung sowie den Steuer- Verwaltungsbereich fließt, während ein letztes Drittel dem globalen Bildungswesen zugutekommt. Vor allem Kitas und Schulen stünden hier im Fokus, außerdem sollen Menschen in Not individuell gefördert werden. Andreas Schlüter, der Generalsekretär des in Essen ansässigen Stifterverbands erklärt:

„Jeder Mensch auf dieser Welt sollte die Chance haben, sein Potenzial zu entfalten und persönliches Glück zu erfahren. Das ist unsere erklärte Mission.“ Zu verfolgen sei demgemäß ein „ganzheitliches Bildungsverständnis“, das sowohl über schulische wie auch berufliche Bildung hinausgeht und ebenso „Persönlichkeitsentwicklung, Ausbildung und lebenslanges Lernen“ inkludiert.

Im Schatten der Konkurrenz

Auf dem ohnehin dichtbesiedelten deutschen Glücksspielmarkt steht die BCL mit ihrem sozialen Ansatz in unmittelbarer Konkurrenz zur Deutschen Fernsehlotterie sowie zur Lotterie der Aktion Mensch. Letztere konnte nach eigenen Angaben im vergangen Jahr über 450 Mio. Euro für den guten Zweck umsetzen, was sie derweil zur unangefochtenen Nummer Eins unter den deutschen Soziallotterien macht.

Nervös werden die BCL-Betreiber angesichts dieses Konkurrenzdrucks jedoch nicht: „Es gibt noch keine Lotterie für Bildung“, argumentiert Generalsekretär Schlüter im Gespräch mit n-tv, denn „solchen Projekten mit innovativen Ansätzen fehlen oft die finanziellen Mittel, um Menschen langfristig zu fördern“, heißt es weiter. Unabhängig von finanziellen Aspekten betont Heike Kahl, Geschäftsführerin der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung, darüber hinaus die dringliche Notwendigkeit hinter der BCL:

„Nicht nur der Staat, nicht die Eltern, nicht die private Wirtschaft, sondern wir alle müssen einen Beitrag dazu leisten, dass dieser Widerspruch, dass soziale Herkunft für den Bildungserfolg der Kinder zuständig ist, endgültig aufgehoben wird.“

Nicht ohne Kritik

Insbesondere die Stellungnahme Heike Kahls bietet (fast ironischerweise) auch die Angriffsfläche für kritische Stellungnahmen zu dem Projekt, welche der BCL in diesem Kontext eine gezielte „Entdemokratisierung der Bildungsförderung“ vorwerfen. Demnach sei die Definition von Bildungsinhalten wie auch die Gewährleistung von Bildungsgerechtigkeit nicht Aufgabe einer Lotterie, sondern Pflichten der jeweiligen Staaten. Das Twitter-Portal „Bildungsradar“ stempelt die BCL unterdessen als „lobbyistisches Projekt“ ab. Wortwörtlich heißt es hier unter anderem:

„Es ist erschreckend, wie Bildung zum Spielball und aus dem Land der Dichter und Denker eines der Stifter und Schenker wird.“

Die deutlichen Worte haben die BCL-Betreiber unlängst zu weiteren Stellungnahmen bewogen. Heike Kahl verweist darauf, dass BCL den Staat hier keinesfalls aus der Verantwortung nehmen, sondern lediglich unterstützen wolle. In Anbetracht des florierenden Online-Glücksspielmarkts sei das Konzept hinter BCL sehr durchdacht und ein „schlauer Weg“ zur finanziellen Organisation gemeinnütziger Projekte.

„Wir merken gerade, dass quasi unsere Demokratie ins Wanken gerät. Und diese Bildungslotterie ist auf der einen Seite die Möglichkeit, dass sich viele Leute daran beteiligen können. Aber auch in den Projekten selber wird es sich niederschlagen, wo das Thema ‘Wie bleiben wir gute Demokraten?’ ein großes Thema sein wird“, heißt es abschließend.

Wie hoch die Erlöse der ersten BCL-Ziehung sind und wie viele Spieler daran teilgenommen haben ist bislang nicht bekannt. Inwieweit sich die neue Bildungslotterie auf dem deutschen Glücksspielmarkt etablieren wird – ob sie es tatsächlich schafft sich in die Reihe der großen Wohltätigkeits-Lotterien einzugliedern, bleibt also vorerst noch abzuwarten.

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