Mehr Transparenz bei Lotto gefordert

Momentan sorgt eine Affäre um Vetternwirtschaft bei Lotto Sachsen-Anhalt regelmäßig für Schlagzeilen. Die Debatte scheint nun auch auf andere Bundesländer abzufärben. Laut einem MDR-Bericht fordert der Thüringer Rechnungshof mehr Transparenz bei der Vergabe von Lotto-Fördermitteln. Die Verwendungsnachweise ließen trotz strenger Auflagen viele Fragen offen, so die Kritik. Welche Details stecken hinter den Bedenken?

Bunte Lottobälle bei der Auslosung.

Die Fördermittelvergabe unterliegt strengen Auflagen, größter Empfänger ist der Landessportbund. ©DylanNolte/Unsplash

Wofür werden Fördermittel ausgegeben?

Seit Anfang des Jahres befasst sich ein Untersuchungsausschuss mit der Überprüfung von Lotto Sachsen-Anhalt, es geht um die illegale Vergabe von Fördermitteln. Die mangelnde Transparenz bei den Verfahren wird nun auch vom Thüringer Rechnungshof kritisiert. Konkret geht es um die Frage, wozu die Fördergelder genau verwendet werden. Rechnungshof wie Ministerien erscheinen an dieser Stelle gleichermaßen ratlos. Nachfragen des MDR bei den Empfängern blieben ebenfalls unbeantwortet.

Alle Details für die Vergabe der Fördergelder werden im Thüringer Glücksspielgesetz geregelt, es gelten stringente Auflagen. Klar ist, dass die Mittel ausnahmslos an kulturelle, soziale, umweltaktivistische oder sportliche Instanzen verteilt werden dürfen. Mit rund 9,6 Mio. Euro jährlich erhält der Landessportbund (LSB) dabei den Löwenanteil und verteilt diesen an seine Mitglieder, unter anderem an diverse Thüringer Sportfachverbände (4,8 Mio. Euro) sowie 1.972 Thüringer Sportvereine.

Im vergangenen Jahr flossen außerdem 2,7 Mio. Euro in den Nachwuchssport, die Trainerfinanzierung und Sportmedizin. Der Jugendsport des Bundeslandes erhielt zudem eine Förderung 330.000 Euro. Es fehlen allerdings genaue Infos darüber, wofür die Gelder letztlich ausgegeben werden.

Empfänger geben keine Details preis

Die Aufschlüsselung der Empfänger gestaltet sich komplex, was die Intransparenz der Fördermittel-Nutzung weiter verstärkt. Allein der LSB zählt 3.384 Sportvereine, 48 Sportfachverbände, 23 Kreissportverbände und etliche Anschlussorganisationen. Dazu kommen der Olympiastützpunkt Thüringen, die Thüringer Sportjugend, die LSB Thüringen Bildungswerk GmbH und die LSB Thüringen Sportmanagement GmbH. Die Sportvereine des Bundeslandes zählen außerdem über 360.000 Mitglieder.

Neben der Stiftung Naturschutz Thüringen (108.000 Euro) und dem Landesverband der Thüringer Gartenfreunde (19.000 Euro) ist die Liga der Freien Wohlfahrtspflege (5,4 Mio. Euro) ein weiterer großer Empfänger der Fördermittel. Hierzu gehören wiederum sechs große Wohlfahrtsverbände. Die Vergabe erfolgt über einen Verteilschlüssel, wobei die Diakonie den größten Anteil erhält. Dazu gehen Gelder an den Paritätischen Wohlfahrtsverband, den Jüdischen Wohlfahrtsverband, die AWO, das DRK und die Caritas.

Der Überschuss des vergangenen Jahres belief sich laut Aussagen der Thüringer Lotterieverwaltung auf etwa 15,4 Mio. Euro. Auf Anfrage, wofür die Gelder ausgegeben wurden, erhielt MDR laut eigenen Aussagen keine Antworten. Die Institutionen lehnte es aus datenschutz- und steuerrechtlichen Gründen ab, den Journalisten Einsicht in den Jahresabschlussbericht 2019 zu gewähren. Es bleibt daher unklar, wofür das Geld ausgegeben wurde.

Der LSB und die Liga der Freien Wohlfahrtspflege erklärten stattdessen, dass ausreichend Transparenz über die Fördermittel gegeben sei. Man habe einen jährlichen Abschlussbericht durch einen Wirtschaftsprüfer bestätigen lassen. Für eine genauere Überprüfung der Berichte seien ausnahmslos die Thüringer Staatslotterie und der Rechnungshof zuständig. Ausgerechnet jene Instant, die das Verfahren jüngst kritisierte.

Überprüfungskriterien unzureichend?

Laut Rechnungshof existieren bis dato zu wenige gesetzliche Kriterien, nach denen sich die millionenschweren Verwendungszwecke überprüfen lassen. In einem aktuellen Bericht forderte die Instanz nun eine Verbesserung der Nachweispflicht. Zuständig für die Umsetzung ist die neu gegründete Thüringer Staatslotterie. Diese gilt als Anstalt des öffentlichen Rechts und wurde mit den ehemaligen Aufgaben des Finanzministeriums betraut.

Das Thüringer Glücksspielgesetz soll in diesem Punkt bereits verbessert worden sein. Im Juli wurden die Nachweiskriterien aktualisiert. Der Geschäftsführer der Thüringer Staatslotterie, Jochen Staschweski, erklärte, dass es fortan möglich sei, den Geldfluss von Lotto bis zum letztendlichen Empfänger nachzuverfolgen. Am 16. September soll es diesbezüglich ein Gespräch der Staatslotterie mit den Empfängern der Fördermittel geben. Die Entwicklungen bleiben abzuwarten.

Sachsen-Anhalt verdeutlicht Problematik

Die Kritik des Rechnungshofs ist berechtigt. Ein Blick nach Sachsen-Anhalt, wo Lotto derzeitig mit dem Verdacht auf Vetternwirtschaft konfrontiert wird, zeigt, dass Intransparenz bei der Vergabe von Fördermittlen ernsthafte Folgen haben kann. Im Fokus steht dort die im August beurlaubte Lotto-Chefin Maren Sieb, die unter anderem Fördermittel gegen Werbeaufträge bereitgestellt haben soll. Im November hatte ein Lotto-Ausschuss des Landtags mit ersten Zeugenbefragungen begonnen.

Die Kritik gegen Lotto Sachsen-Anhalt hatte zuerst die AfD-Landtagsfraktion geäußert. Eine Strafanzeige gegen die Lotto-Chefin wegen des Verdachts auf Veruntreuung wurde folglich am Verwaltungsgericht Magdeburg gestellt. Bei allen Empfängern sollen sich laut AfD Verbindungen zum privaten Umfeld von Sieb erschließen lassen. Die Verdächtigungen haben sich inzwischen zumindest teilweise bestätigt.

Lotto Sachsen-Anhalt ist zum Beispiel Hauptsponsor des Handballvereins SC Magdeburg, wo die Lotto-Chefin selbst im Aufsichtsrat sitzt. Laut Untersuchungsausschuss sei es aus Compliance-Gründen höchstbedenklich, da Sieb die 2013 entstandene Partnerschaft selbst mitvorangetrieben hatte. Auch der Lotto-Aufsichtsrat wird in dem Zusammenhang kritisiert, dieser hatte Sieb die Erlaubnis für das Sponsoring erteilt, ohne Überprüfungen vorzunehmen.

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