Lotto-Ausschuss startet Zeugenbefragungen

Der Untersuchungsausschuss des Landtags Sachsen-Anhalt hat mit der Befragung erster Zeugen in Bezug auf die Geschäftsaktivitäten der örtlichen Lotto Toto GmbH begonnen. Im Raum stehen Vorwürfe der Vetternschaft vonseiten der AfD-Landtagsfraktion gegen die Lotto-Chefin Maren Sieb. Welche Entwicklungen sind in dem Fall zu erwarten?

Ein Blick auf den Magdeburger Landtag.

Ein Blick auf den Magdeburger Landtag, von wo aus der Lotto-Ausschuss seine Ermittlungen führt. ©adlihtam/Pixabay

Ermittlungen im Anfangsstadium

Der Fall um die Veruntreuungsvorwürfe gegen Lotto-Chefin Maren Sieb geht in die nächste Runde: Wie von der AfD-Landtagsfraktion Sachsen-Anhalt seit Wochen gefordert, hat nun ein Ausschuss des Landtags die Ermittlungen aufgenommen und mit ersten Zeugenbefragungen rund um das Geschäftsgeschehen des Lotterieanbieters gestartet. Die ersten Befragungen von insgesamt vier Zeugen fanden am Freitag (15.11.) statt und dauerten mehrere Stunden.

Laut Aussagen des Vorsitzenden Andreas Steppuhn (SPD) handelte es sich bei den befragten Personen um Lotto-Angestellte aus den Bereichen Verwaltung und Vertrieb. Ziel sei es gewesen, verschiedene Geschäftsvorgänge innerhalb des Unternehmens “aufzuarbeiten”. Demnach ging es vorerst nur um Fragen rund um die innerbetrieblichen Strukturen und wie dort im Einzelnen gearbeitet wird. “Wir sind noch ganz in einem Anfangsstadium”, so der aktuelle Status Quo. Genauere Informationen über die Aussagen der Befragten wurden bisher nicht bekannt.

Experte für Geldwäsche konsultiert

Laut Berichten der SZ soll innerhalb der nächsten Sitzung sogar ein Experte für Geldwäscheangelegenheiten befragt werden. Die Rede ist von Peter Ostermann, der als Geldwäschebeauftragter unter anderem schon für die Sparkasse tätig war. Bis dahin sollen außerdem weitere angeforderte Dokumente aus etwaigen Ministerien und Behörden zur Überprüfung vorliegen. Die nächste Tagung des Ausschusses wird Mitte Dezember stattfinden.

Der Untersuchungsausschuss hatte sich im Übrigen vorgenommen, bei seiner Arbeit Rücksicht auf die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft zu nehmen. Hintergrund ist eine Anzeige vonseiten der AfD gegen Lotto-Chefin Maren Sieb. Laut Justizministerium sollen die Ermittlungen jedoch vorerst eingestellt worden sein.

Sieb unter Beschuss der AfD

Wie bereits angedeutet wurde der Untersuchungsausschuss auf Geheiß der AfD-Abgeordneten einberufen. Diese hatten Maren Sieb erstmals Mitte Juni mit Veruntreuungsvorwürfen konfrontiert und Strafanzeige gegen die Lotto-Chefin am Verwaltungsgericht Magdeburg gestellt. Die Vorwürfe beziehen sich auf ein möglicherweise strafbares Dreiecksgeschäft zwischen Sieb, Lotto Sachsen-Anhalt und einer Werbeagentur.

Laut dem ehemaligen AfD-Fraktionsvorsitzenden André Poggenburg und dem Landtagsabgeordneten Jan Wenzel Schmidt soll Sieb zwischen 2012 und 2018 mehrfach Lotto-Fördermittel gegen Werbeaufträge bereitgestellt haben. Die Rede war unter anderem von “Unstimmigkeiten und widerrechtlicher Bevorzugung”. Der AfD-Vorsitzende Robert Farle sprach ferner von “Anhaltspunkten, die auf dubiose Verbindungen hindeuten”. Tatbestände wie Betrug, Untreue und Korruption seien denkbar.

Werbeagentur “ISA i motion” im Fokus

Die Vorwürfe gegen Sieb sind schwerwiegend: Laut AfD soll die Lotto-Chefin über Jahre hinweg Finanzmittel für Vereine und gemeinnützige Organisationen bereitgestellt haben, die im Umkehrschluss Aufträge an die Werbeagentur “ISA i motion” erteilt haben. Brisant ist an dieser Stelle die Tatsache, dass die Agentur von Sieb selbst gegründet wurde und seit 2012 von ihrem Lebensgefährten betrieben wird.

Auch wenn es hierbei nur um kleinere Werbemittel wie Broschüren, Flyer und Bilder ging, hätten die Indizien laut AfD dennoch “ein gewisses Geschmäckle an sich und deuten auf dubiose Verstrickungen zwischen Politik, Vereinen und bestimmten Günstlingen hin”. Darüber hinaus gehe es um die Frage, ob Lotto in Sachsen-Anhalt tatsächlich genug für den Spielerschutz tue oder ob fehlende Kontrollmechanismen es ermöglichen, dass Geld über Lottofilialen gewaschen werden kann.

Eine ganze Reihe namhafter Vereine, Initiativen und Wohlfahrtsorganisationen sind von den massiven Anschuldigungen betroffen, darunter zum Beispiel das Deutsche Rote Kreuz, der Paritätische Wohlfahrtsverband, die Stendaler Tafel oder die Hilfsorganisation Volkssolidarität. Laut AfD ließen sich bei allen genannten Organisationen auch private Verbindungen zur Lotto-Chefin Maren Sieb nachweisen.

Vorwürfe bloß “schlichter Unsinn”?

Die Anschuldigungen wurden von Maren Sieb von Beginn an vehement zurückgewesen. Die Lotto-Chefin sprach gar von “schlichtem Unsinn” und erklärte, dass ihr Einfluss bei den Spendenvergaben stark begrenzt sei. Alle Lotto-Fördermittel müssen demnach durch ein politisches Votum genehmigt werden. Bei Spenden über 15.000 Euro sei zudem das Einverständnis eines 14-köpfigen Beirats einzuholen.

Was ihre Verbindungen mit der besagten Werbeagentur angeht, erklärte Sieb außerdem, dass die damit verbundenen Organisationen schon Kunden waren, als sie selbst noch Inhaberin des Unternehmens war. ISA i motion sei schon immer auf die Unterstützung von Öffentlichkeitsarbeit spezialisiert gewesen. Man habe keinen Anlass gesehen die Geschäftsphilosophie von ISA i motion nur aufgrund ihres Wechsels zu Lotto Toto zu ändern. Die Vorwürfe der Vetternwirtschaft seien damit unfundiert.

Unterstützt wird Sieb unter anderem von Sachsen-Anhalts Verkehrsminister und Lotto-Aufsichtsratsvorsitzenden Thomas Webel (CDU). Sie habe demnach alle Sachverhalte “plausibel und transparent” erklärt, so das Statement des Politikers.

Webel betonte zudem, dass Lotto in Sachsen-Anhalt pro Jahr etwa 200 Mio. Euro generiert. Es sei kein Geheimnis, dass ein großer Teil der Einnahmen für den guten Zweck eingesetzt wird. Ob und wieweit die weiteren Ergebnisse des Untersuchungsausschusses das gute Image des Lotterieanbieters ankratzen werden, bleibt vorerst abzuwarten.

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