Lootboxen: EA droht Millionenstrafe

Nach Lootbox-Klagen in Belgien, Frankreich und Kanada sieht sich der Spielehersteller EA (Electronic Arts) mit einem zerschmetternden Gerichtsurteil in den Niederlanden konfrontiert: Ein Gericht hat bestätigt, dass EA die vieldiskutierten Beutekisten aus der Fußballsimulation Fifa 2021 entfernen muss, alternativ droht eine Geldstrafe in Höhe von 5 Mio. Euro. Dem Urteil war eine Anordnung der Glücksspielbehörde KSA (Kansspelautoriteit) vorausgegangen.

Ein Controller in den Händen eines Heranwachsenden.

Fördern Lootboxen in Videospielen die Glücksspiel-Affinität unter Kindern und Jugendlichen? ©KellySikkema/Unsplash

EA widersetzte sich KSA-Forderung

Die in Kalifornien sitzende Kultfirma EA, bekannt durch Videospiele wie Star Wars: Battlefront, die NBA- und die Fifa-Serie, muss in den Niederlanden mit einer millionenschweren Geldstrafe rechnen, sofern die Lootbox-Elemente in Fifa 19, 20 und 21 nicht umgehend entfernt werden. So lautet der Beschluss des Bezirksgerichts Den Haag in Bezug auf eine 2019 eingereichte Klage der nationalen Glücksspielaufsichtsbehörde KSA.

In den Niederlanden gelten Lootboxen seit 2018 als Glücksspielelement und unterliegen damit dem Glückspielgesetz. Infolge einer Studie, die die Risiken der virtuellen Beutekisten aufzeigte, hatte die KSA alle Anbieter dazu aufgefordert, Lootboxen aus ihren Spielen zu streichen. Dies wurde größtenteils umgesetzt, nur EA widersetzte sich. Die KSA stellte folglich Anzeige aufgrund der Verbreitung illegalen Glücksspiels. EA reichte Gegenklage ein.

Mit dem jüngsten Gerichtsbeschluss ist nun klar, dass EA auf die Forderungen der KSA reagieren und seine Lootboxen innerhalb von wenigen Tagen (bis zum 05. November) entfernen muss. Nach Ablauf der Frist muss der Publisher für jede Woche eine Strafe von 250.000 Euro zahlen, in denen die Lootboxen weiterhin angeboten werden. Die Höchststrafe liegt bei 5 Mio. Euro.

Lootboxen sind virtuelle Beutekisten in Videospielen wie Fifa, Stars Wars: Battlefront II oder Mario Kart Tour. Sie beinhalten in der Regel exquisite Spielgegenstände, zum Beispiel Waffen oder Trikots. Bei Fifa sind Lootboxen im Fifa Ultimate Team (FUT)-Modus enthalten, hierbei können sich Nutzer ein Team aus legendären Spielern zusammenstellen. Die genauen Inhalte sind jedoch zufallsbasiert. Außerdem kosten die Beutekisten kleinere Geldsummen, weshalb sie für Kritiker ein riskantes Glücksspielelement darstellen. Mittlerweile sind Lootboxen Bestandteil zahlreicher Initiativen und Untersuchungen.

Strikte Trennung von Video- und Glücksspiel

Laut Gericht sei die KSA mit Recht zu dem Schluss gekommen, dass Lootboxen die Definition von Glücksspielen im Sinne des niederländischen Glücksspielgesetzes erfüllen. Da die Spieler gekauft und durch Zufall bestimmt werden, stelle FUT eine Form des illegalen Glücksspiels dar. Die KSA sei daher auch zukünftig befugt, mit ihren Durchsetzungsmaßnahmen fortzufahren und Geldstrafen gegen Verstöße zu verhängen.

Die Aufsichtsbehörde zeigte sich angesichts der eindeutigen Rechtsprechung erfreut. Laut René Jansen, Vorsitzender der KSA, sei es von entscheidender Bedeutung, gefährdete Gruppen wie Kinder und Jugendliche vor Glücksspielschäden zu schützen. Erklärtes Ziel der Behörde sei die Wahrung einer strikten Trennung von Videospiel und Glücksspiel. Besonders junge Spieler seien anfällig für problematische Spielweisen, weshalb Lootboxen in Videospielen keinen Platz hätten.

Aufgrund des Kinder- und Jugendschutzes diskutieren immer mehr Länder ein Verbot von Lootboxen, so zum Beispiel die USA, Frankreich und Großbritannien. Das Unternehmen EA ist in diesem Zusammenhang schon mehrfach in die Kritik geraten. Auch in Belgien, wo Lootboxen seit 2018 verboten sind, musste erst ein Verfahren eröffnet werden, um den Publisher dazu zu bewegen, seine Lootboxen vom Markt zu nehmen.

Darüber hinaus kam es auch zu einer Klage gegen EA in Frankreich, die immer noch aussteht. Hier fordern zwei Pariser Anwälte, den FUT-Modus als integriertes Wettspiel zu klassifizieren. Die Anwälte erklärten, dass etliche Spieler monatlich hunderte Euros dafür ausgeben würden, um die besten Spieler zu erhalten. Gefordert wird daher, Einsicht in den Algorithmus zu erhalten, um nachvollziehen zu können, nach welchen Kriterien sich die Spielkartenpakete zusammensetzen. Es handle sich um eine süchtig machende Mechanik, so die Vorwürfe der Juristen.

Übersee: Weitere Klage gegen EA

In den USA, wo sich zuletzt auch Apple mit einer Sammelklage wegen Lootboxen konfrontiert sah, wurde erst Ende August eine weitere Klage gegen EA eingereicht. Der Spieler Kevin Ramirez, der mehrere Mitkläger vertritt, fordert einen Schadensersatz in Höhe von 5 Mio. US-Dollar aufgrund von finanziellen Schäden durch EA-Lootboxen. Die Klage wurde in Kalifornien, wo EA seinen Hauptsitz hat eingereicht.

Der Fifa-Entwickler soll gegen das dort geltende Glücksspielgesetz verstoßen haben. In der Anklage heißt es, dass EA das Suchtverhalten seiner Konsumenten fördere, um höhere Umsätze zu generieren. Der Kauf einer Lootbox gleiche dem einer Sportwette, so die Kritik. Laut eigenen Aussagen hat der Spieler seit 2011 über 600 US-Dollar für FUT ausgegeben.

Das Unternehmen EA hat sich bisher nicht zu der Klage geäußert. Klar ist, dass in den USA bis dato kein eindeutiges Urteil über Lootboxen gefällt wurde. Seit 2008 hat EA dort über 60 Spiele gelistet, die Lootboxen beinhalten. Die Entwicklungen bleiben abzuwarten.

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