Lootbox-Debatte-Belgien: Strenge Strafverfolgung geplant

Die belgische Glücksspielkommission hat das Lootbox-Element in drei von vier untersuchten Spielen als illegales Glücksspiel eingestuft. Die Anbieter stehen infolgedessen unter Zugzwang – neben hohen Geldbußen drohen sogar Haftstrafen. Schon seit Ende 2017 fordert Belgien ein generelles Verbot der virtuellen Schatzkisten.

Die Lootbox-Elemente der Videospiele FIFA 18, Counter Strike: Global Offensive und Overwatch unterliegen ab sofort dem belgischen Glücksspielgesetz – so lautet das vorläufige Urteil der belgischen Glücksspielkommission, nach Abschluss einer im November 2017 eingeleiteten Untersuchung zum Suchtpotenzial der umstrittenen Spielmechanik. Die ‚Lootbox-Situation‘ ist demzufolge als „beunruhigend und besonders problematisch für Minderjährige und Spielsüchtige“ einzustufen.

Ein Pressefoto des 60jährigen belgischen Justizministers Koen Geens.

Der belgische Justizminister und Professor für Gesellschaftsrecht, Koen Geens. Hart aber fair? (Bildquelle)

Der belgische Justizminister Koen Geens hat sich eingeschaltet. Folglich sind die Spieleentwickler dazu angehalten, das Spielelement bis zum 20. Juni anzugleichen oder zu entfernen. Geens spricht von einer „strafrechtlichen Verletzung der belgischen Glücksspiel-Gesetzgebung.“ Bei Missachtung der Anordnung, so heißt es, drohen den Entwicklern Geldbußen von bis zu 800.000 Euro, ebenso seien Haftstrafen von bis zu fünf Jahren möglich. Weil die Spiele besonders unter Minderjährigen beliebt seien, könnten sich die Strafen womöglich noch verdoppeln, warnt der Justizminister.

Bei aller Strenge zeigt sich Geens aber auch zum Dialog bereit. Wie es heißt, werde die Kommission im nächsten Schritt an die jeweiligen Entwickler herantreten, um die Verantwortlichkeiten festzulegen. „Es muss eine Lösung gefunden werden, die garantiert, dass sowohl Erwachsene wie auch Kinder nicht mit Glücksspiel konfrontiert werden, wenn sie in einem Videospiel Spaß haben wollen“, fordert der 60-jährige Politiker.

Einen pragmatischen Ansatz dazu liefert Kommissionsdirektor Peter Naessens, der in dem Milliardengeschäft schlicht eine mangelhaft regulierte Nische sieht, die einen starken Kontrast zum regulierten Glücksspielsektor für Erwachsene aufweise. Dementsprechend sei die Gesetzgebung gefordert. Belgischen Medien gibt Direktor Naessens zu Protokoll:

„Die geldliche Bezahlung für Lootboxen ist ein nicht unerheblicher strafbarer Bestandteil von Videospielen, die als Geschicklichkeitsspiel auftreten. Die Spieler werden dadurch in Versuchung und in die Irre geführt, Schutzmaßnahmen bezüglich Glücksspiel finden hier keine Anwendung.“

Die Lootbox-Theorie

Lootboxen sind virtuelle Schatztruhen in Videospielen und Gaming-Apps. Sie beinhalten ein Sortiment bestimmter Spielgegenstände, zum Beispiel Waffen und Werkzeuge – im Fall FIFA 18 sind es mitunter legendäre Profis oder besondere Trikots. Um sich Spielvorteile zu sichern, ist der Schlüssel für eine Truhe gegen kleinere Geldsummen, sogenannte Mikrotransaktionen erwerblich. Welcher Gegenstand sich genau in der jeweiligen Kiste befindet, bleibt jedoch dem Zufall überlassen.

Kritische Stimmen werfen den Anbietern daher vor Glücksspielsysteme zu befördern. Kinder und Jugendliche würden einerseits an Glücksspiele gewöhnt, andererseits steigere das System auch den Suchtfaktor der Spiele, was (zum Beispiel) eine Studie der Hamburger Universität nahegelegt.

Ausgehend von den USA entfachte 2017 eine globale Debatte angesichts der Bedenken, bis heute dauert die Lootbox-Kontroverse an. Unter der zunehmenden Kritik veröffentliche mitunter der US-Konzern Apple Ende 2017 einen verschärften Richtlinienkatalog, welchen der Silicon Valley-Koloss zuletzt im vergangenen März mit Nachdruck etablieren musste: Sämtliche iOS-Updates für Lootbox-Spiele, die den neuen Richtlinien nicht nachkamen wurden gesperrt.

Der Einzelfall entscheidet

In seinem strengen Vorgehen schließt Belgien sich den Niederlanden an, wo kürzlich ein ähnlich resolutes Urteil bezüglich Lootboxen gefällt wurde. Beide Länder hatten Ende letzten Jahres als erste damit begonnen die Gefahren von Lootbox-Elementen näher zu untersuchen, beide fordern seither ein europaweites Verbot.

Die rot, gold, schwarze Fagge Belgiens im Wind bei blauem Himmel.

In den Böen der Lootbox-Debatte: Belgiens Glücksspielaufsicht fordert Reglements der Politik.

Diesbezüglich hat die niederländische Glücksspielaufsicht – The Netherlands Gaming Authority (NGA) – seit Ende 2017 zehn Lootbox-Spiele einer Prüfung unterzogen, davon fielen vier durchs Raster. Auch hier drohen den Herstellern Geldstrafen, zudem würden Verkaufsverbote erteilt, sollten die neuen Vorschriften nicht binnen acht Wochen Anklang finden. Welche Spiele genau von dem NGA-Beschluss betroffen sind, ist bisher noch unklar. Angeblich handelt es sich um Dota2, FIFA 18, Rocket League und PlayerUnknown’s Battlegrounds.

Klar ist hingegen, dass ausgerechnet dasjenige Spiel – StarWars: Battlefront 2 – welches die Kontroverse im November 2017 maßgeblich zum Anstoß gebracht hatte, in beiden Staaten von der ‚Klassifizierung: Glücksspiel‘ verschont blieb.

Die Electronic Arts-Entwickler hatten die Lootboxen bereits Ende 2017 aus dem StarWars-Game entfernt, nachdem Chris Lee, Mitglied des hawaiianischen Repräsentantenhauses, das Spiel ein „Online-Casino für Kids“ nannte. Inzwischen wurden die Schatzkisten jedoch wieder integriert, wenngleich in abgemilderter Version.

In diesem Punkt betont Koen Geens, dass letztlich immer der Einzelfall entscheide – spezifische Parameter seien von ausschlaggebender Bedeutung um eine Lootbox als Glücksspielelement zu klassifizieren. Dabei sollte die Frage im Fokus stehen, ob ein Spielelement das ‚Wetten‘ in Anbetracht von Gewinn, Verlust und Zufall erlaube, sagt der Justizminister, der auch als Professor für Gesellschaftsrecht an der belgischen Uni Löwen (Leuven) doziert.

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