Kehrtwende in niederländischer Gambling Politik?

Beobachter der holländischen Glücksspielszene waren davon ausgegangen, dass der Staat Online Glücksspiel regulieren und damit legalisieren wollte. Doch eine neue Initiative lässt Zweifel an diesem Vorhaben aufkommen. Ab dem 1. Juni wollen die Niederlande Online Casinos bestrafen, sofern diese ihre Landsleute nicht mit technischen Mitteln vom Zugang abhalten.

Ob es sich um eine strengere Umsetzung bestehender Ziele oder eine echte Kehrtwende in der Glücksspielpolitik des Landes handelt, ist nach erstem Vernehmen nicht eindeutig. Insider sind von dem Vorstoß der Behörden irritiert. Die Provider sollen über Geoblocking holländische Internetnutzer von ihren Angeboten ausschließen. Bisher galten laschere Regeln. So war es lediglich untersagt, eine .nl-Domain anzubieten oder die Webseite in niederländischer Sprache bereitzustellen. Kurz gesagt: Wer in dieser Form direkt auf die Kunden zuging bekam Schwierigkeiten mit den Behörden. Solange sich holländische Kunden auf einer englischsprachigen .com-Domain anmeldeten, gab es von staatlicher Seite keine Probleme.

Die am Samstag verkündete Neuregelung umfasst hingegen auch Werbeseiten mit niederländischer Domain, die auf internationale .com Webseiten verweisen. Weiterhin werden holländisch klingende Markennamen in den Fokus der Aufsichtsbehörde KSA rücken. Ebenso solche Webseiten, die das in Holland verbreitete Online Zahlungsmittel iDEAL anbieten. Damit dürften viele Anbieter vor Schwierigkeiten stehen, allen voran solche wie Betsson mit seinem „Oranje Casino“, das sowohl einen eindeutigen Markennamen als auch das holländische Wappentier im Logo verwendet.

Nach Ankündigung der KSA werden diese, zwar in englischer Sprache gehaltenen, aber auf holländische Kunden ausgerichteten Angebote zukünftig bestraft werden. Das verwundert insbesondere, weil das Parlament die Regulierung und Lizensierung des internationalen Online Glücksspiels bereits im letzten Jahr beschlossen hat. Doch das Gesetzgebungsverfahren ist noch nicht abgeschlossen – derzeit berät der Senat über die Vorlage.

Für die Unternehmen ist die Entscheidung der KSA heikel, man will es sich mit den Regulierern vor der vermutlich in Bälde anstehenden Lizensierung nicht verscherzen. Gleichzeitig ist die Branche aufgrund zahlreicher anderer „grauer“ Märkte nicht an der Schaffung eines Präzedenzfalles interessiert. Weitere Jurisdiktionen könnten dem holländischen Vorbild folgen und ebenfalls mit Strafzahlungen drohen, sofern kein Geoblocking betrieben wird. Daher dürften sich zumindest einige Anbieter für den Weg des Widerstands entscheiden und vor europäischen Gerichten klagen. Denn man verfügt über Lizenzen, die, zumindest theoretisch, den EU-weiten Wettbewerb erlauben.

Strafen dürften erheblich sein

Dass die Kontrollbehörde KSA ihre Vorgaben auch praktisch umsetzt, hat sich zuletzt im Februar dieses Jahres gezeigt. Der Glücksspielanbieter Trustfulgames hielt auf seiner Webseite Tiplix.com eine holländische Sektion bereit. Die KSA verhing daraufhin eine Geldstrafe in Höhe von 170.000€ – ein in der Branche durchaus gehörter Warnschuss. Die meisten großen Anbieter halten sich daher an die Vorgaben: Kein Holländisch auf den Webseiten, keine Werbung in Print oder TV. Doch die neuen Spezifikationen greifen weiter und dürften auch die großen Gamblingseiten und ihre online Werbepartner treffen.

Im Gespräch mit dem Branchenmagazin EGR äußerten Industrievertreter ihren Unmut über das Vorgehen der Behörde. Angesichts der bevorstehenden Lizensierungsverfahren verstünde man die Verschärfung der Regeln nicht und prüfe rechtliche Schritte vor europäischen Gerichten. Unter der Bedingung der Anonymität beschrieb der Sprecher eines Online Gambling Unternehmens die schwierige Lage:

„Wir beabsichtigen lizensiert zu werden, also ist es nicht in unserem Interesse, den Markt oder die Regulierer zu provozieren. Wir sind allerdings gegen diese Einschränkungen im Vorfeld der Regulierung und glauben die Industrie sollte dagegen vor europäischen Gerichten vorgehen.“

Tatsächlich überrascht das Vorgehen der Niederländer. Über die Beweggründe kann nur spekuliert werden: Möglicherweise möchte die Politik sicherstellen, dass sich möglichst viele Unternehmen um Lizenzen bemühen, indem sie den Druck auf unregulierte Anbieter deutlich erhöht. Sofern diese allerdings mit Klagen reagieren, könnte dies den Gesetzgebungsprozess zum Nachteil aller Beteiligten verzögern. Im für die Industrie schlechtesten Fall spricht das Vorgehen allerdings für eine Abkehr des Landes von seinen Liberalisierungsplänen.

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