Irland: Mobbing-Skandal im Pferderennsport sorgt für Aufruhr
Es ist ein Mobbing-Skandal, der den britischen Pferderennsport in Atem hält und auch nach Monaten noch die Geister scheidet. Zwischen der Regulierungsbehörde, der British Horseracing Authority – kurz BHA –, und ihrer unabhängigen Beschwerdekammer schwelt weiterhin der Konflikt um unterschiedliche Ansichten, wie mit Jockey Robbie Dunne umgegangen werden soll. Die Strafe, die im Dezember noch gegen ihn verhängt wurde, wurde nun von 18 Monaten um acht verkürzt – wegen beschwichtigender Faktoren. Der Abschlussbericht der Kammer stößt nun auf neue Kritik.
Die Crux: Ein angemessenes Strafmaß?
Jockey Robbie Dunne hat sich des Mobbings, der Beleidigung, Gewaltandrohung und des Sexismus‘ schuldig gemacht. Die Vorwürfe hatte Jockette Bryony Frost erhoben und Recht bekommen. Dunne hatte auch zugegeben, sie beleidigt zu haben, dies jedoch als Geplänkel unter Kollegen abgetan. Eine Reihe beschwichtigender Faktoren rechtfertigen jedoch eine Herabsenkung des Strafmaßes, nach Ansicht der Kammer jedenfalls. Hauptsächlich geht es darum, dass die Vorfälle von 2017 bis 2020 nicht als Einzeldelikte zu bestrafen sind.
Sieben Vorfälle gelten als erwiesen
Unter den Fakten listet die Beschwerdekammer in ihrem Bericht sieben einzelne Vorfälle, die nach Angaben von Zeugen und nach Sichtung von Beweismaterialien als bewiesen zu betrachten sind. Alle dieser sieben Vorfälle hätten gegen Unterpunkte von Regel (J)19 des BHA-Kodexes verstoßen. Natürlich sind diese Verstöße keinesfalls akzeptabel, so berichtete die Kammer, doch die Strafe von 18 Monaten stellt faktisch ein Karriereende für Dunne dar. Auch werde er bereits durch die negative Berichterstattung bestraft.
Die Vorfälle im Überblick
Losgegangen sei das Mobbing bereits im Jahr 2017. Es geht um nichts Geringeres als sexuelle Belästigung. Im Wiegeraum sei Dunne mit einem Handtuch bekleidet auf Frost getroffen und es dann vor ihr geöffnet haben, offensichtlich erheitert. Im Februar 2020 soll Dunne sein Pferd Lickpenny Larry während eines Rennens in Leicester absichtlich nach links springen lassen haben, als Frost mit ihrem Tier neben ihm war. Laut Behörde und Kammer ist dies vorsätzliche Einschüchterung.
Auch Social Media spielt eine Rolle
Neben einem Twitterpost, in dem er sich über ihre Interviewführung lustig gemacht haben soll, gibt es auch von anderen Vorfällen Videobeweise. Beim Rennen in Stratford am 08.07.2020 soll er seine Kollegin mit unter anderen frauenfeindlichen Schimpfwörtern beleidigt haben. Auf einem Video ist zu sehen, wie er sich drohend auf sie zubewegt. Am 27.07.2020, ebenfalls filmisch belegt, soll er sein Pferd so geritten haben, dass Frost und ihr Tier gegen das Geländer gedrängt wurden.
Ausschlaggebend ist Gewaltandrohung
Erst am 03.09.2020 in Southwell folgt der Vorfall, der ausschlaggebend für die Beschwerde von Frost ist. Dabei habe sie das Rennen für sich entschieden, während das von Dunne gerittene Pferd zu Tode gekommen sei. Anschließend habe er ihr Gewalt angedroht, wenn er beim nächsten Mal gegen sie reite. Aufgrund dieser zunehmend gefährlichen Lage, die auch eine Bedrohung für ihr körperliches Wohl darstellen kann, ist Frost dann schlussendlich zur BHA gegangen.
Gründe für die Strafmilderung
Laut Angaben der Kammer habe Dunne versucht, sich bei Frost für einige der genannten Vorfälle zu entschuldigen. Dies sei jedoch von ihr boykottiert worden, weil sie darauf nicht eingegangen sei. Die Gewaltandrohung sei außerdem zurückzuführen auf den traumatischen Verlust von Dunnes Rennpferd und eine daraus resultierende impulsive Überreaktion. Die Vorfälle seien weiterhin eher im Privaten aufgetreten, jedoch durch die Berichterstattung im öffentlichen Raum ausgetragen worden. Die negative Berichterstattung, wie bei SkySport, schadet Dunne bereits genug.
BHA kündigt Kammer-Prüfung an
Die Behörde selbst erachtet die 18-monatige Strafe weiterhin als angemessen, wenn sie auch die Kürzung akzeptiert. Trotzdem habe sie die Kritik auch seitens Medienvertretern wahrgenommen. Nun soll die Kammer auf den Prüfstand kommen und sich einer Untersuchung unterziehen müssen. Vorwürfe von sexuellen Anspielungen und sexistischem Verhalten stehen im Raum. Die Kammer sei möglicherweise auch nicht mehr zeitgemäß besetzt.
Diverse und inklusive Vorstellung
Bei der zeitgemäßen Besetzung geht es auch darum, divers und inklusiv aufgestellt zu sein. Zum Beispiel könnte es darum gehen, in Zukunft auch eine Frauenquote in ihren unabhängigen Kammern einzuführen. Jeder innerhalb des Pferdesports soll sich sicher und unterstützt fühlen, gerade auch Frauen. Es gibt vermutlich eine große Dunkelziffer an ähnlichen Fällen, die nur nicht gemeldet werden. Dass Frost sich an die Kammer gewandt hat, ist vielleicht der erste Schritt zu mehr Geschlechtergerechtigkeit im Rennsport.
Die Causa Dunne
Die Causa Dunne erfährt vermutlich auch deshalb so viel Aufmerksamkeit, weil es einer der ersten Fälle dieser Art ist, in denen sich eine Frau zu Wort meldet und Gehör verschafft. Der Konflikt um das Strafmaß ist also größer als Dunne selbst. Es geht auch darum, wie in Zukunft mit solchen Vorfällen umgegangen wird und darum, dass die Behörde ihre eigene klare Linie findet. Wie balancieren sich Sicherheit und Strafmaß aus? Das ist die Frage, die beantwortet werden muss.