Heimliche Wettwerbung bei Bild?

Die Bild Zeitung (Axel Springer Verlagsgruppe) ist seitjeher für kontroverse Schlagzeilen berühmt. Nun scheint sich ein Disput über die Art und Weise anzubahnen, wie die auflagenstärkste deutsche Tageszeitung mit dem Thema Sportwetten umgeht: Bremens Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) wirft Bild diesbezüglich Verharmlosung und Schleichwerbung vor. Ein Schreiben Mäurers an den Deutschen Presserat sorgt derweil für Wirbel. Was ist dran an den Vorwürfen?

Ein Fußball auf dem Spielfeld eines leeren Stadions.

Mit der Marke BildBet ist der Axel Springer Verlag 2020 ins Wettgeschäft eingestiegen. ©jarmoluk/Pixaby

Gezielt verharmlosende Berichterstattung?

Das Thema Glücksspielwerbung ist in Deutschland ohnehin ein heikles. Diesbezüglich droht nun ausgerechnet Bild Ärger: In einem Schreiben an den Deutschen Presserat wirft Bremens Innensenator Ulrich Mäurer (70) der Tageszeitung eine verharmlosende Berichterstattung in punkto Sportwetten vor. Ebenso meldete sich die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Daniela Luwig (CSU), zu Wort und bekundete Sorgen um den Jugendschutz.

Keine Frage: Sportwetten sind längst in der Mitte der Gesellschaft angekommen, zudem wurde der Markt für Online Glücksspiele seit Juli geöffnet – es gilt der neue GlüStV, der von allen 16 Bundesländern mit überwältigender Mehrheit angenommen wurde. Klar ist auch: Vor allem Buchmacher investieren viel Geld ins Marketing und sind als Sponsoren nicht mehr aus der Welt des Sports wegzudenken.

Obwohl strenge Vorgaben für den Verbraucherschutz gelten, reagieren einige Politiker mit Sorge auf diese Entwicklung. So auch Innensenator Mäurer, der Bild vorwirft, eine gezielt verharmlosende Berichterstattung zum Thema Sportwetten vorzunehmen. Die Zeitung berichte darüber penetrant und positiv, heißt es in dem besagten Schreiben. Das Thema würde in schillernden Farben präsentiert, Lesern würde weisgemacht, mit etwaigen Tricks viel Geld beim Tippen gewinnen zu können.

Mit der Inkraftsetzung des GlüStV haben strenge Spielerschutzvorgaben Einzug erhalten, welche für die in Deutschland lizenzierten Anbieter gelten. Zum Beispiel eine monatliche Einsatzgrenze von 1.000 Euro, eine 1-Euro-pro-Spin-Grenze bei Online Spielautomaten, ein Verbot von Live-Wetten und Tischspielen sowie obligatorische Frühwarn- und Sperrsysteme. Die Lizenznehmer sind laut Sachsen-Anhalt – wo momentan eine zentrale Regulierungsbehörde entsteht – außerdem dazu verpflichtet, ein Datensicherungssystem zu betreiben, womit schnelle und umfassende Kontrollen ermöglicht werden sollen. Die Spielerkonten werden obendrein mit einer bundesweiten Sperrdatei verknüpft.

BildBet: Zeitung ist im Wettgeschäft tätig

In dem Schreiben an den Deutschen Presserat soll Mäurer vor allem eine Tatsache scharf kritisieren: Bild ist mit seiner Hausmarke BildBet seit Herbst 2020 selbst im Wettgeschäft aktiv und bietet Sportwetten in Kooperation mit der 1946 gegründeten Buchmachergröße BetVictor (Gibraltar) an. Vor diesem Hintergrund seien, so Mäurer, auch die Berichterstattungen bei Bild von wirtschaftlichen Interessen geleitet.

Des Weiteren nehme Bild zugunsten seiner Sportwetten in Kauf, dass sich Leser in die Gefahr von Spielsucht begeben, dies geschehe unter dem Deckmantel der Presseberichterstattung. Auf diese Weise würde unter dem Strich irreguläre Glücksspielwerbung betrieben, die sich jeglicher Form der Regulierung entziehe. Die Reklamen seien kein Einzelfall, der Deutsche Presserat müsse sich mit dem Thema auseinandersetzen.

Wie der Innensenator weiter erklärte, sei durch den neuen Glücksspielstaatsvertrag ohnehin mit einer Zunahme an Glücksspielreklamen zu rechnen. Man könne daher auch von einer Zunahme an wettbezogenen Berichterstattungen bei Bild ausgehen. In diesem Sinne solle der Presserat eine Richtlinie in seinen Pressekodex aufnehmen, wie es auch beim Thema Drogen der Fall sei. Zudem forderte der Politiker ein Verbot, Glücksspielteilnahmen zu verharmlosen.

Die Bild Zeitung hatte schon in der Vergangenheit regelmäßig Kritik für ihren Umgang mit Glücksspielen auf sich gezogen. Zahlreiche Berichte zu den Themen Glücksspiel und Sportwetten finden sich auf der Homepage der Zeitung, darunter auch sogenannte Wettschulen und Rubriken mit Quotentipps von angeblichen Experten. Neben den radaktionellen Berichten finden sich außerdem eigene Wettangebote von BildBet in Zusammenarbeit mit BetVictor. Letzteres Unternehmen gehörte im Oktober 2020 zu den ersten deutschen Wettlizenznehmern. Weitere Lizenznehmer waren (u. a.) Entain (Ladbrokes), Gauselmann (Cashpoint), Novomatic (Admiral) und Tipico.

Springer: Redaktionelle Trennung liegt vor

Unlängst hat sich auch die Axel Springer Verlagsgruppe zu den Vorwürfen geäußert und diese auf Anfrage der ARD zurückgewiesen. Bild würde keine redaktionellen und gewerblichen Inhalte vermischen, es liege eine Trennung vor. Man berichte, entgegen der Kritikpunkte, ausgesprochen verantwortungsvoll und weise explizit auf die Risiken von Glücksspiel und Sportwetten hin. Zudem würden bei jedem Output Hinweise zu Hilfsangeboten mitgeliefert.

Auch die Wettmarke BildBet würde, wie auch alle anderen Markenkooperationen, klar und sichtbar getrennt von redaktionellen Inhalten beworben. Dabei ist Bild nicht die einzige Medienmarke, die ein lukratives Geschäft auf dem wachsenden Glücksspielmarkt wittert: So bietet auch ProSiebenSat.1 unter der Marke JackOne Sportwetten und Online Spielautomaten in Partnerschaft mit Betsson an. Die Angebote würden von der Pressearbeit klar getrennt, so eine Sprecherin.

Indessen gab der Deutsche Presserat gegenüber Deutschlandfunk bekannt das Schreiben von Mäurer erhalten zu haben und eine Überprüfung einzuleiten. Laut Presserat handle es sich dabei aber nicht um eine Beschwerde. Die Entwicklungen bleiben abzuwarten.

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