Glücks­spiel­recht: Spieler verzockt 95.000 Euro und muss doch nicht zahlen

Kurioser Fall im deutschen Glücksspielrecht: Ein junger Familienvater verspielt im Online Casino von Quasar Gaming 95.000 Euro. Für die Einzahlung nutzt er PayPal, zieht danach allerdings die Einzugsermächtigung zurück. PayPal fordert zunächst die Bezahlung der Summe, verzichtet anschließend allerdings auf sämtliche Ansprüche. Was war passiert?

Es war keineswegs Verständnis für die missliche Lage des Spielers, die den Zahlungsdienstleister zum Umdenken bewegt hat. Viel mehr war es ein Schreiben des Anwaltes des Kunden, der PayPals Verzicht inspirierte. Der Berliner Rechtsanwalt Martin Reeckmann, Experte für Glücksspielrecht, hat das Mandat des jungen Mannes übernommen und den Fall in seinem Blog geschildert. Die laienhafte Zusammenfassung seiner Argumente gegenüber PayPal: Online Casinospiele sind in Deutschland aufgrund des Glücksspielstaatsvertrages nicht erlaubnisfähig. Auch die „Mitwirkung an Zahlungen im Zusammenhang mit unerlaubtem Glücksspiel“ ist untersagt. Somit hätte PayPal die Zahlungen gar nicht durchführen dürfen. Weiterhin sei das Rechtsgeschäft zwischen dem Familienvater und Quasar Gaming ohnehin nichtig, da es sich um einen Vertrag mit illegalem Inhalt handele.

Daraus leitet der Jurist ab, dass keinerlei Ansprüche gegen seinen Mandanten bestehen können. Weder PayPal noch Quasar Gaming könnten eine Zahlung verlangen. Erstaunlicherweise stimmt PayPal dieser Auffassung durch den Verzicht scheinbar zu. Das ist keineswegs selbstverständlich, das Unternehmen hätte auch auf die vorhandene Lizenz von Quasar Gaming verweisen können. Nach EU-Recht sind Dienstleistungen, die in einem Mitgliedsland erlaubt sind (Quasar ist in Malta konzessioniert), im Grundsatz in der gesamten Union gestattet. Das ist einer der Gründe, weswegen das deutsche Glücksspielrecht regelmäßig gerügt und überarbeitet wird. Auch wenn PayPal annähme, dass Online Glücksspiel in Deutschland verboten sei, hätte sich das Unternehmen wehren können. Mit dem Argument, dass auch der Spieler von diesem Verbot und der Nichtigkeit des Geschäftes wusste. Dann wäre der Familienvater möglicherweise dennoch zur Zahlung verpflichtet.

Wir möchten daher an dieser Stelle betonen, dass es sich hierbei um eine Einzelfallentscheidung seitens PayPal handelt und wir keineswegs eine Nachahmung empfehlen würden. Es handelt sich nicht um ein gerichtliches Urteil, sondern um einen freiwilligen Verzicht des Zahlungsdienstleisters. Es ist durchaus möglich, dass PayPal lediglich eine weitere rechtliche Auseinandersetzung scheut oder sich bei Quasar Gaming schadlos zu halten versucht.

Nicht der erste Verzicht von PayPal

Denn grundsätzlich ist sich der Internet-Bezahldienst der rechtlichen Gefahren bei Glücksspielen bewusst. Erst im Dezember 2016 hatte der Konzern seine allgemeinen Geschäftsbedingungen überarbeitet. Seitdem sind Wetten und Glücksspiele vom sogenannten „PayPal-Käuferschutz“ ausgenommen. Der Anbieter möchte also das eigene Risiko bei Disputen zwischen Spielern und Casinos minimieren.

Scheinbar hat PayPal jedoch schon häufiger, ähnlich wie in diesem Fall, auf Forderungen verzichtet. Rechtsanwalt Reeckmann hat binnen zwei Jahren laut eigenen Angaben eine zweistellige Anzahl von entsprechenden Erklärungen in Sinne seiner Mandanten bewirkt. Es stellt sich also die Frage, ob und wie der Marktführer unter den Onlinebezahlsystemen nun reagiert. Eine Möglichkeit wäre es, sich an die Glücksspielseiten zu wenden und diese aufzufordern, keine PayPal-Zahlungen mehr für deutsche Kunden anzubieten. Eine Alternative bestünde natürlich auch darin, die deutsche Politik zur Klärung der Rechtslage anzuhalten und das Onlinespiel endlich aus der Grauzone herauszuholen.

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