Geheimdienste gegen Wettbetrug

Der Kampf der Geheimdienste gegen Wettbetrug soll ausgebaut werden. Die Leichtathletik Weltmeisterschaft in Katar hat in den zurückliegenden Tagen für zahlreiche Schlagzeilen gesorgt. Abgesehen von den sportlichen Leistungen der Athleten hat es sich hierbei meist um negative Dinge gehandelt. Das Zuschauer-Interesse im Wüstenstaat ist quasi bei Null. Zusätzlich stehen – wie nahezu immer – zahlreiche Sportler im Dopingverdacht. Der Chef des Athletics Integrity Unit (AIU) David Howman hat sich in einem ausführlichen Interview zu den verschiedensten Problematiken geäußert und ist dabei auch auf den Wettbetrug im internationalen Sport eingegangen. Die AIU gehört zum Leichtathletik Weltverband (IAAF) und ist offiziell für die Dopingkontrollen und Sanktionen zuständig.

Nahaufnahme von David Howman.

Der Chef des Athletics Integrity Unit (AIU) David Howman hat sich in einem Interview zu den Problematiken geäußert.

Pferdewetten als Waschanlage des organisierten Verbrechens

Das Hauptarbeitsfeld von David Howman ist nach wie vor das Doping. Mehrfach wurde in den zurückliegenden Monaten von Experten vorgeschlagen, die Geheimdienste in die Aufklärung entsprechender Fälle einzubinden. Geschichtlich sind die „Schattenmänner“ ohnehin mit der Problematik verbunden. Im ehemaligen Ostblock – vor allem in Russland und in der DDR – wurde das staatliche Doping oft vom Geheimdienst geführt und beaufsichtigt.

Wie David Howman im Interview mit der FAZ betonte, beschäftigt er sich derzeit vermehrt mit dem Thema Wetten. Er sei dabei auf klare Belege gestoßen, dass das organisierte Verbrechen die Sportwetten nutzt, um ihre Gelder zu waschen.

“ Das organisierte Verbrechen wäscht Geld durch Sportwetten.”

Aktuell gibt’s einen Bericht der Asian Racing Federation, der klare Beweise für systematische Manipulationen und Geldwäsche-Aktivitäten liefert. Im Fokus steht dabei Nordkorea. Das Land beschäftigt hunderte professionelle Hacker, die mit dem Setzen vom Wetten beschäftigt sind. Das Ziel ist es, die schwache nordkoreanische Währung ins Spiel zu bringen, um harte Dollar zurückzuerhalten. Etwaige Wettverluste werden dabei problemlos in Kauf genommen.

Wettmanupilationen schon im Nachwuchs

Erkennbar ist laut Howman zudem, dass sich das Feld der Wettmanipulation etwas verschoben hat. Bei „großen Spielen“ ist die Beeinflussung der Resultate nur schwer möglich. Anders sieht es im Nachwuchs- und im Amateurbereich es. Die Akteure und die Verantwortlichen sind deutlich anfälliger für entsprechende Offerten.

Bei zahlreichen Onlinebuchmachern erstreckt sich das Angebotsportfolio bis hinab zu den U16-Wettkämpfen. Genau diese Partien haben die Wettkartelle besonders im Blick. Mit kleinen Manipulationsbeträgen können große Gewinne erwirtschaftet werden. Besonders betroffen seien, so David Howman, Cricket, Fußball und Basketball.

Geheimdienste sorgen für erste positive Zeichen

Dem neuseeländischen Sportfunktionär ist es zu verdanken, dass die WADA eine Zusammenarbeit mit Interpol eingegangen ist. Ähnliche Partnerschaften sollen in der Zukunft ausgebaut werden. Erste Erfolge beim Kampf gegen Wettbetrug und anderen Sportmanipulationen sind bereits zu verzeichnen, vornehmlich dank des FBI. Die Amerikaner haben beispielsweise für entsprechende Durchsuchungsaktionen im FIFA-Hotel gesorgt.

Richtig ist natürlich, und dies soll an dieser Stelle nicht verschwiegen werden, dass es die Sportwettenanbieter selbst sind, die in den zurückliegenden Jahren eigene Sicherheitssysteme geschaffen haben. Auffällig Einsatzmuster und hohe Spielbeträge werden erfasst und gemeldet. Im besten Fall führen die Hinweise zu Sperren der Spieler und Wetten. Die Gelder werden eingefroren.

Es liegt in der Natur der Sache. Das organisierte Verbrechen ist den Ermittlern meist einen Schritt voraus. Mit herkömmlicher Polizei-Arbeit ist dem Wettbetrug im großen Stil kaum zu begegnen. Für echte Aufklärungsarbeit und vor allem zur Ergreifung der Hintermänner können in der Praxis tatsächlich nur die Geheimdienste sorgen.

Buchmacher in Europa kaum betroffen

Die Wettkartelle suchen sich in den einfachsten Weg ihre Tipps zu platzieren. Es ist gibt hierzulande aus der Vergangenheit einige Beispiele von Betrügereien. Die Causa Hoyzer ist unvergessen. Von wirklicher organisierter Kriminalität kann aber nicht gesprochen. Die ganz großen Zocker sitzen in Asien.

Die Buchmacher in Europa sind vom Wettbetrug nur in ganz geringem Umfang frequentiert. Aufgrund der hohen Lizenzvorschriften innerhalb der Europäischen Union, sind die Wettanbieter für das organisierte Verbrechen nur einschränkt nutzbar.

Klar ist aber, dass nicht bei jeder Wettabgabe der Betrug dahinter erkennbar ist. Die Struktur der Clans verschleiert das Vorgehen maximal. Die Begegnungen werden von Asien heraus über Mittelsmänner manipuliert. Gibt’s eine entsprechende Erfolgsmeldung werden weitere Strohmänner in verschiedenen Staaten eingesetzt, um die vorgegebenen Sportwetten zu platzieren. Halten sich die Einsatzsummen insgesamt, verteilt auf zahlreiche Buchmacher, im Rahmen, wird’s in der Praxis extrem schwierig den Wettbetrug zu erkennen.

David Howman ein anerkannter Fachmann

David Howman weiß wovon er spricht. Der neuseeländische Jurist seit vielen Jahren in der Welt des internationalen Sports auf höchster Ebene dabei. 13 Jahre führte er die Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA), bis 2016. Im Anschluss wechselte der Neuseeländer zur Athletics Integrity Unit. Des Weiteren ist Howman in den Ethikkommissionen des Tennis- und des Squash-Weltverbandes sowie in der Anti-Korruptions-Einrichtung des Cricket Weltverbandes engagiert. Er ist Professor für Führung und Management im Sport an der Auckland University of Technology.

Hinweise zu Wettbetrügereien während der Leichtathletik Weltmeisterschaft in Katar hat es übrigens nicht gegeben. Die Sportart wird von den professionellen Sportwetten-Kartellen kaum frequentiert. Hinzu kommt, dass a) nicht alle Buchmacher die Leichtathletik im Portfolio haben und b) die Einsatzgrenzen in der Disziplin meist stark limitiert sind.

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