Frankreich: ANJ rügt Wettreklamen

Die 2020 etablierte neue französische Glücksspielaufsicht ANJ (L’Autorité nationale des Jeux) hat die Buchermacher des Landes für ihre Werbepraktiken während der vergangenen UEFA Fußball Europameisterschaft kritisiert. Es seien Grenzen überschritten worden, so die Behörde nach einer einschlägigen Untersuchung. Zukünftig sollen Maßnahmen eingeführt werden, um die Werbung innerhalb von Sportereignissen besser zu regulieren. Welche Vorgaben sind geplant?

Ein Fußballspiel im Stadion von Olympic Lyon.

Die ANJ arbeitet zurzeit an Projekten, um die Wettwerbung im Sport besser zu regulieren. ©ThomasSerer/Unsplash

Zielten Reklamen auf jüngere Menschen?

Infolge einer massiven Flut an Wettreklamen innerhalb der vergangenen Fußball-EM müssen die in Frankreich lizenzierten Buchmacher ihre Marketingkampagnen sofort reduzieren. So lautet die Entscheidung der zuständigen ANJ, die diesbezüglich eine Untersuchung durchgeführt hat. Es seien eindeutig Grenzen überschritten worden, so das Kredo der Aufsichtsbehörde. Ein derartiges Werbevolumen sei inakzeptabel, außerdem seien unlautere Praktiken nachgewiesen worden.

So soll es, laut ANJ, vermehrt zur Ansprache von jungen Menschen innerhalb der übermäßigen Glücksspielwerbung gekommen sein. Mehrere Wettanbieter wurden folglich im Rahmen der Überprüfung auf die fragwürdigen Praktiken hingewiesen und abgemahnt. Unter dem Strich hätten die Verstöße Fragen in Bezug auf das derzeitige Regulierungsmodell hervorgerufen, welches nun konkretisiert werden soll. Die Art und das Ausmaß der Reklamen sei sofort anzupassen.

Der ANJ forderte die Betreiber außerdem dazu auf, eine Compliance-Analyse ihrer Werbekampagnen durchzuführen, um die Vorgaben künftig einzuhalten. Bei weiteren Verstößen sei mit empfindlichen Strafen bis hin zum Lizenzentzug zu rechnen. Um welche Betreiber es sich gehandelt hat, wurde nicht bekannt, allerdings sollen die Unternehmen bekundet haben, alle Forderungen der ANJ umzusetzen.

Binnen letzter Monate hat die ANJ eine Reihe von regulatorischen Änderungen am französischen Glücksspielmarkt vorgenommen und (u. a.) eine Partnerschaft mit der Polizei begründet. Die Kooperation bezieht sich auf drei Unternehmensgruppen: Erstens steht das Lotteriemonopol FDJ im Fokus, welches im November 2019 privatisiert wurde und als Volksaktie an der Börse eingestiegen ist. Zweitens geht es um Pari-Mutuel Urbain (PMU), den europäischen Marktführer für Pferdewetten. Und drittens steht die Überwachung der 202 lizenzierten Casinos auf der Agenda. Die Verhinderung von Regelverstößen, besonders in Bezug auf den Kinder- und Jugendschutz, hat dabei die oberste Priorität.

ANJ führt neue Maßnahmen ein

Um derartige Vergehen künftig auszuräumen, hat die ANJ gleich mehrere Maßnahmen angekündigt: Im September wird die Behörde zum Beispiel ein Seminar mit Experten veranstalten, um sich auf einheitliche Definitionen im Zusammenhang mit exzessivem Glücksspiel zu einigen. Darüber hinaus wird eine Konsultation mit Gesetzes- und Branchenvertretern durchgeführt, um neue Interventionsmaßnahmen in Bezug auf Glücksspielwerbung zu erarbeiten.

Die Instanz kündigte obendrein den Start von fünf Projekten an, die darauf abzielen, Lösungen für Glücksspielwerbung bei zukünftigen Sportereignissen zu erarbeiten. Laut Isabelle Falque- Pierrotin, Präsidentin der ANJ, habe die Fußball-EM einen positiven Effekt gehabt, da problematische Praktiken aufgedeckt wurden, die nun beseitigt werden könnten. Man sei entschlossen einen entsprechenden Aktionsplan umzusetzen.

Scharfe Kritik an Pari-Mutuel Urbain (PMU)

Anfang des Jahres kam es bereits zu einer scharfen Kritik der ANJ am französischen Pferderennmonopol Pari-Mutuel Urbain (PMU). Die Behörde hatte ernsthafte Bedenken in Bezug auf die Werbeaktivitäten des Betreibers geäußert. Der Schutz von Minderjährigen und die Prävention von problematischem Glücksspiel seien unterwandert worden. Dem Betreiber müsse man mit Wachsamkeit begegnen.

Konkret ging es hierbei um die Ausrichtung von Werbung auf junge Menschen – so seien Strategien verstärkt worden, die auf jugendorientierte Plattformen wie Snapchat oder TikTok zielen. Darüber hinaus stellte ANJ fest, dass die Werbeausgaben 2020 um 26 Prozent gestiegen sind. Ein Großteil dieser Ausgaben habe sich auf große Sportereignisse wie die Fußball-EM und die Olympischen Spiele konzentriert.

Die Regulierungsbehörde stellte gleichsam eine Zunahme an sogenannten aktiven Stimulierungen von Spielern und Spielerinnen durch Boni oder personalisierte Werbung fest. Sie warnte davor, dass dieses Vorgehen die Spielgewohnheiten ohnehin problematischer Spieler intensivieren könnte. Gerade Glücksspielmonopole sollten nur maßvolle und streng begrenzte Werbung schalten. Dies sei sowohl bei FDJ als auch bei PMU aber nicht festzustellen.

Zukünftig wolle die ANJ gegenüber den Anbietern wachsamer sein. Die Anbieter dürften sich nicht länger hinter den Argumenten des allgemeinen Interesses am Glücksspiel verstecken – Minderjährige und Problemspieler seien unter allen Umständen vor der Vermarktung zu schützen.

ANJ: Umschwung am Glücksspielmarkt

Im Juni 2020 wurde die ANJ in Frankreich etabliert, was für einen Umschwung sowie eine schärfere Überwachung am Glücksspielmarkt sorgte. Die Vertikalen der Überwachung umfassen Online Glücksspiel, Casino, Wetten und Lotteriespiele. Die Vorgängerin ARJEL (Autorité nationale de régulation des jeux en ligne) war dagegen nur für die Regulierung des Online Glücksspielmarktes zuständig.

Der ANJ obliegt nun die Überwachung von 78 Prozent des regulierten französischen Glücksspielmarktes. Dies umfasst insgesamt 14 lizenzierte Online Glücksspielanbieter, dazu alle von der Française des Jeux (FDJ) verkauften Online-, Lotterie- und Wettspiele sowie das gesamte Netzwerk der Einzelhandelswettbüros von Pari-Mutuel Urbain. Darüber hinaus beaufsichtigt die ANJ 202 landbasierte Casinos in Frankreich.

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