EGBA warnt vor deutscher Einsatzsteuer

Die geplante Steuer von 5,3 Prozent auf die Spieleinsätze bei Online Spielautomaten und Online Poker wird zurzeit kontroversdiskutiert. Während der Bundesrat höchstmögliche Einnahmen generieren will, sehen Forscher die Kanalisierung in den legalen Markt gefährdet. Hintergrund ist, dass auf den regulierten Glücksspielmärkten Europas eigentlich die Bruttospielerträge und nicht die Spieleinsätze belastet werden. Die bisher schärfste Kritik äußerte nun die EGBA (European Gaming and Betting Association). Wie argumentiert der größte europäische Glücksspielverband?

Würfel und Spielchips auf einem Laptop.

Der in Brüssel stationierte Verband sprach von einer Strafe für lizenzierte Unternehmen. ©AidanHowe/Pixabay

Ist die Einsatzsteuer nicht EU-konform?

Der Legalisierung des Online Glücksspiels in Deutschland steht eigentlich nichts mehr im Wege – mit dem Bundesland NRW haben den neuen Glücksspielstaatsvertrag (GlüStV) inzwischen alle 16 Länderparlamente angenommen. Nun verdichtet sich die Diskussion um das geplante Steuermodell: Der Bundesrat plant eine Einsatzsteuer auf Online Spielautomaten und Online Poker zu erheben. Hierfür soll das Rennwett- und Lotteriegesetz von 1922 modernisiert werden.

Forscher der Ruhr-Universität-Bochum und der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf haben bereits eindringlich vor dem Modell gewarnt, ebenso wie eine neue Studie von Goldmedia. Die Marktforscher sehen die Kanalisierung in den legalen Markt gefährdet: Unter dieser Steuerlast müssten die Anbieter ihre Auszahlungsquoten absenken, so das einstimmige Kredo. Die legalen Angebote wären damit mit nicht mehr attraktiv genug, um gegen den Schwarzmarkt zu bestehen.

Die in Brüssel stationierte EGBA, der größte Glücksspielverband Europas, geht nun sogar noch einen Schritt weiter und behauptet, die Einsatzsteuer verstoße gegen das EU-Recht. Außerdem sprach der Verband von einer strafenden Steuer für lizenzierte Unternehmen. Das Modell würde das höchste Ziel des neuen Staatsvertrags – die Kanalisierung der Kunden in den regulierten Markt – massiv gefährden. Bis zu 49 Prozent der Kunden würden auf nicht-lizenzierten Seiten spielen.

Die EGBA bezieht sich hierbei auf die Goldmedia-Studie, welche nach einer Onlineumfrage unter 619 Spielern zu dem Schluss gelangte, dass unter der Einsatzsteuer rund die Hälfte aller Spieler auf den Schwarzmarkt überspringen würde. Die lizenzierten Anbieter seien schlichtweg nicht mehr konkurrenzfähig, da sie ihre Auszahlungsquoten (Return to Player, RTP) von derzeitig über 96 auf mindestens 90 Prozent reduzieren müssten. In Auftrag gegeben wurde die Studie von den Glücksspielfirmen Entain (früher GVC), Flutter Entertainment und Greentube (Novomatic), die allesamt zu den ersten deutschen Lizenznehmern gehören.

Vorteile für das terrestrische Glücksspiel?

Die EGBA verweist in ihrer Analyse darauf, dass alle Ziele des neuen Staatsvertrags vom Erreichen des obersten Ziels, der Kanalisierung in den legalen Markt, abhängen. Spieler außerhalb des regulierten Marktes würden allerdings dem deutschen Verbraucherschutz entzogen. Die vorgeschlagene Steuer sei daher unvereinbar mit dem Hauptziel der neuen Regulierung. Der Spielerschutz würde fahrlässig gefährdet.

Darüber hinaus verstoße die Einsatzsteuer gegen das EU-Recht, weil dem landbasierten Sektor Vorteile gegenüber dem Onlinesektor verschafft würden. Nach den EU-Beihilfeverordnungen dürfe ein Mitgliedsstaat für bestimmte Unternehmen oder Industriezweige keine Vorteile gewähren, indem er auf den Handel, zum Beispiel durch Steuersätze, Einfluss nimmt.

Die geplante Steuermaßnahme würde zum Beispiel in Bayern dazu führen, dass Online Poker mit vier- bis fünfmal höheren Sätzen besteuert würde als das Pendant in landbasierten Spielbanken und Casinos. Bei Online Spielautomaten sei der Kontrast noch schärfer, hier wären die Sätze sogar 15-mal höher als bei Spielautomaten in landbasierten Spielhallen.

Laut EGBA würde dies einen erheblichen und unfairen Steuervorteil für landbasierte Betreiber gegenüber dem Online Glücksspiel in Deutschland darstellen. Es handle sich daher um eine nach EU-Recht illegale staatliche Beihilfe. In Anbetracht dieser Tatsache forderte die EGBA die Abgeordneten des deutschen Parlaments dazu auf, die geplante Einsatzsteuer zu überdenken, wenn sie in den kommenden Wochen im Bundestag diskutiert wird. Der Bundesrat hat den Steuerentwurf bereits an den Bundestag zur endgültigen Genehmigung geschickt, die voraussichtlich erteilt wird.

Folgt eine Beschwerde bei der EU?

EGBA-Generalsekretär Maarten Haijer erklärte, eine Beschwerde bei der EU einreichen zu wollen, falls der Steuervorschlag des Bundesrates umgesetzt wird. Man begrüße die Regulierung des deutschen Online Glücksspiels und habe volles Verständnis dafür, dass der Sektor besteuert wird. Dennoch dürfe die Steuer nicht dazu führen, dass Spieler in den illegalen Markt getrieben werden oder den Lizenznehmern die Wettbewerbsgrundlage entzogen wird.

Um zu verhindern, dass terrestrischen Betreibern massive Steuervorteile verschafft werden, müsse man eine Steuerhöhe festlegen, die das richtige Gleichgewicht zwischen den Bedürfnissen der Verbraucher und den Steuereinnahmen des Staates herstellt. Hierfür müsse man Erfahrungswerte bei anderen Jurisdiktionen der EU einholen, wobei die EGBA unterstützend wirken könne.

Anderenfalls werde die EGBA alle verfügbaren Optionen, einschließlich einer Beschwerde bei der EU-Kommission, nutzen, um die Einsatzsteuer abzuwenden. Es bleibt abzuwarten, ob die Kritik der EGBA tatsächlich in die deutschen Bundestagsdebatten einfließen wird. Bisher haben die Gesetzgeber nicht auf die Einwände von Industrie und Forschung reagiert.

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