Bundestag berät über Einsatzsteuer

Die Legalisierung des Online Glücksspiels in Deutschland steht vor der Tür – lizenzierte Anbieter von Online Casinos, Online Sportwetten und Online Poker dürfen künftig am Markt agieren. Ein Streitthema ist das geplante Steuermodell: Die Anbieter sollen mit einer Steuer von 5,3 Prozent auf die Spieleinsätze belastet werden, obwohl es üblich ist, die Bruttospielerträge zu besteuern. Sind die Angebote unter der Steuerlast nicht mehr attraktiv genug, um eine Kanalisierung in den regulierten Markt zu erzeugen? Hierzu hat der Bundestag eine Debatte geführt. Mit welchem Ergebnis?

Eine Frau sitzt vor den Spielautomaten eines Casinos.

Branchenverbände sehen in dem Steuermodell eine Gefahr für den Verbraucherschutz. ©JESHOOTS-com/Pixabay

Steuermodell wird kontrovers diskutiert

Der Regulierung des deutschen Online Glücksspiels ab Juli steht eigentlich nichts mehr im Wege. Mit dem Bundesland NRW hatten dem neuen Glücksspielstaatsvertrag (GlüStV) zuletzt alle 16 Länder zugestimmt. Allerdings verdichtet sich zurzeit die Diskussion um die geplante Spieleinsatzsteuer von 5,3 Prozent auf Online Spielautomaten und Online Poker. Der Bundesrat will hierfür das Rennwett- und Lotteriegesetz von 1922 umgestalten.

Aufgrund der zunehmenden Kontroverse um die Frage, ob die Spieleinsatzsteuer den legalen Markt gefährdet, hat der Bundestag nun eine Debatte eingeleitet. Dabei wurden gegensätzliche Standpunkte zum Thema vorgetragen. In einer Sondersitzung des Finanzausschusses am 07. Juni unter der Leitung der Finanzausschussvorsitzenden Katja Hessel gab es heftigen Widerstand aus der Branche, während einige Juristen das Modell unterstützen.

Renatus Zilles, Vorsitzender des Deutschen Verbandes für Telekommunikation und Medien (DVTM), warnte davor, dass die Einsatzsteuer den Schwarzmarkt begünstigen würde. Die Einsatzsteuer von 5,3 Prozent würde 125 Prozent des Bruttogewinns entsprechen. Dies wiederum würde die Lizenznehmer dazu zwingen, ihre Auszahlungsquoten zu senken, was die Attraktivität der legalen Angebote für die Spieler mindern würde. Die Kanalisierung in den legalen Markt würde damit gefährdet.

Jüngst warnte auch eine neue Studie von Goldmedia vor den gravierenden Folgen der Einsatzsteuer: In der Untersuchung gelangte das Marktforschungsunternehmen zu dem Schluss, dass die Attraktivität der legalen Angebote durch die Einsatzsteuer stark sinken würde, denn die Anbieter wären dazu gezwungen, ihre Auszahlungsquoten (Return to Player, RTP) von über 96 auf mindestens 90 Prozent zu reduzieren. Die Nutzung der legalen Angebote würde folglich auf etwa 51 Prozent fallen – 49 Prozent der Ausgaben würden hingegen auf dem Schwarzmarkt getätigt, da dort bessere Konditionen geboten würden.

Ökonomen raten zur Spielertragssteuer

Die Einsatzsteuer würde, so Zilles, nicht nur die höchsten Verbraucherschutzziele des GlüStV gefährden, sondern auch dazu führen, dass die Steuereinnahmen sinken anstatt steigen, da die Kunden wieder in den nicht-lizenzierten Markt abwandern. In dieselbe Kerbe schlug Dr. Justus Haucap vom Düsseldorfer Institut für Wettbewerbsökonomie (DICE) – die Einsatzsteuer könnte der Regulierung des Marktes zum Verhängnis werden, so die Warnung des Experten.

Haucap hatte im Rahmen eines Forschungsprojekts an der Düsseldorfer HHU schon früher vor einer Besteuerung des Spieleinsatzes gewarnt. Er wies darauf hin, dass es genügend Möglichkeiten für Kunden gebe, über ausländische Seiten zu spielen, ohne dabei entdeckt zu werden – zum Beispiel durch die Verwendung von Kryptowährungen. Dies seien genau die Spieler, die der GlüStV eigentlich schützen soll.

Haucap wies auch darauf hin, dass zum Beispiel Frankreich, welches seine Lizenznehmer ebenfalls durch eine Spieleinsatzsteuer belastet hatte, inzwischen zum Bruttospielertragsmodell übergegangen sei, da die vorherige Regelung das Wachstum des regulierten Marktes für Online Glücksspiele gehemmt hatte.

Laut dem Gutachten der HHU wirkt die Einsatzsteuer den Zielen des GlüStV vehement entgegen. Andere regulierte Märkte Europas würden beweisen, dass sich Online Casinos nur über Spielertragssteuer effektiv besteuern lassen. Diese läge im Optimalfall zwischen 15 und 20 Prozent. Bei Online Spielautomaten, Online Casinospielen und Online Poker sei auf eine Einsatzsteuer zu verzichten. Bei Lotterien und Sportwetten wäre es ebenfalls vorteilhaft, auf eine Spielertragssteuer umzusteigen. Nur so ließen sich die gesetzten Verbraucherschutzziele erreichen, da eine Abwanderung der Kundschaft verhindert würde.

Argumente der Industrie falsch?

Die Behauptungen von Zilles und Haucap wurden durch eine Reihe von Befürwortern bei Anhörung bestritten: So bekundete zum Beispiel der Kölner Rechtsanwalt Dr. Markus Ruttig, dass diejenigen Spieler, die unter der Einsatzsteuer nicht spielen wollen, auch nicht bei unlizenzierten Anbietern spielen würden. Grund sei, dass nur die Lizenznehmer Werbung machen dürften und das Vertrauen in irreguläre Betreiber zu gering sei.

Thomas Eigenthaler von der Deutschen Steuer-Gewerkschaft unterstützte diese Ansicht. Das grundsätzliche Argument der Industrie – dass ein hoher Steuersatz zu einem Boom des illegalen Spielens führen würde – sei schlichtweg falsch. Zudem sei der geplante Steuersatz eher niedrig, da die Anbieter von Online Glücksspielen viele Wettbewerbsvorteile genießen würden: Unter anderem könnten sie mit weniger Personal auskommen, wodurch die Betriebskosten gering seien.

Die geplante Steuer orientiere sich, so Eigenthaler, an einer effektiven Besteuerung von etwa fünf Euro bei 100 Euro Spieleinsatz. Der Münchener Anwalt István Cocron fügte hinzu, dass die Eintreibung der Steuer außerdem von Vollzugsmaßnahmen unterstützt werden müsste. Hintergrund: Trotz des bisherigen Verbots sei das Online Glücksspiel ohnehin zum Milliardenmarkt avanciert. Ohne Druck würden die Anbieter wahrscheinlich nicht zum neuen Regelwerk übergehen.

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