Brasilien manifestiert Wettreform

Der brasilianische Präsident Jair Bolsonaro hat ein Dekret unterzeichnet, dass Sportwetten offiziell in das Portfolio des Investitionspartnerschaftsprogramms (PPI) des Landes integriert. Auch ein Manager für das Lizenzverfahren wurde ernannt. Der Privatisierungsprozess des nationalen Sportwettsektors schreitet damit weiter voran. Die Reform soll unter anderem dazu beitragen, den Schäden durch die Corona-Krise entgegenzuwirken.

Das Stadtzentrum der brasilianischen Metropole Sao Paulo.

Ein Netzwerk aus internationalen Partnerschaften soll Brasilien aus der Wirtschaftsmisere befreien. ©SergioSouza/Unsplash

Wetten gegen den Super-GAU

Bereits seit August 2019 berät Brasilien über sein Sportwettgesetz. Geplant ist die Privatisierung des schätzungsweise milliardenschweren Sektors. Nach insgesamt drei Konsultationen, einberufen durch Brasiliens Wirtschaftsministerium für Evaluierung, Planung, Energie und Lotterie (SECAP), nimmt die Reform nun weiter Fahrt auf. Präsident Jair Bolsonaro hat ein Dekret unterzeichnet, mit dem Sportwetten formell in das Portfolio des Investitionspartnerschaftsprogramms (PPI) aufgenommen werden.

Bei PPI handelt es sich um ein nationales Privatisierungsprogramm, dass der brasilianische Nationalrat entworfen hat, um das Land aus dem wirtschaftlichen Super-GAU, verursacht durch Covid-19, zu befreien. Das Programm ist Teil eines 7 Mrd. Euro schweren Rettungspakets und sieht die Einleitung von mehreren Konzessions- und Privatisierungsprozessen vor, wodurch neue Einnahmen in die Staatskasse gespült werden sollen.

Unter anderem sollen lizenzierte Sportwetten gegen Corona ins Rennen geschickt werden. Eine Privatisierung wird außerdem für Flughäfen angestrebt. Daneben sollen neue touristische Einrichtungen und Nationalparks erschlossen werden, ebenso wie neue Sondierungsprojekte für natürliche Reserven wie Öl, Gas und Mineralien. Das Programm erhält in Zeiten von Corona eine neue Dringlichkeit, die Pläne existieren bereits seit 2016.

Staatsmonopol wird abgeschafft

Was die brasilianischen Sportwetten anbelangt, steht hierbei die Privatisierung der bisher staatlichen Sportlotterie im Vordergrund. Legal dürfen die Wetten bisher nur von CAIXA vertrieben werden, einer Bank Brasiliens, die gleichzeitig als staatlicher Finanzdienstleister fungiert und die meisten Lotterien des Landes verwaltet. CAIXA ist auch als Sponsor im Fußball aktiv. Das Unternehmen zählt mehr als 32 Millionen Kundenkonten.

Das staatliche Monopol soll nun abgeschafft. Die Privatisierung geht mit der Lizenzierung internationaler Wettunternehmen einher. Das neue Dekret überträgt dabei der staatlichen Bank BNDES (Banco Nacional de Desenvolvimento Econômico e Social) sowie dem Wirtschaftsministerium die Kontrolle über das Lizenzverfahren und die Auswahl der Anbieter. Alsbald soll mit der Entwicklung eines Bewerbungsverfahrens begonnen werden.

Das Verfahren soll dem der Privatisierung der nationalen Sofortlotterie (Loteria Exclusiva Instantânea) im Oktober 2019 ähneln, wobei jedoch eine drastische Reduzierung der Anzahl von Lizenzen erwartet werden kann. Die früheren Pläne sahen die Vergabe von mindestens 150 Sportwett-Lizenzen vor. Seit einer Überarbeitung des Gesetzes im Februar werden allerdings verschärfte Vorgaben angestrebt.

Darüber hinaus sind immer noch keine klaren Regelungen für die Lizenzgebühren vorhanden, das gesamte Modell könnte daher ein weiteres Mal überarbeitet werden. Hierdurch dürften vor allem kleinere Unternehmen, die sich am Markt etablieren wollten, leiden. Parallel dazu steigen natürlich die Chancen finanzstarker Marken, eine der begehrten Konzession zu erhalten.

Vorteile der Privatisierung

Hierzu äußert sich jüngst Waldir Marques, Sekretär für Gewinnspiele beim SECAP. Dieser betonte, dass mehrere finanzstarke Betreiber am Markt für wirtschaftliches Wachstum und mehr Arbeitsplätze sorgen könnten. Außerdem wird geschätzt, dass die Brasilianer umgerechnet 2 bis 8 Mrd. Euro jährlich bei internationalen Glücksspielseiten ausgeben. Das Geld solle künftig nicht länger ins Ausland fließen, sondern dem Staat Brasilien zugutekommen.

Dies soll unter anderem durch die Einführung einer Umsatzsteuer von drei Prozent geschehen. In diesem Sinne deutet zurzeit alles darauf hin, dass die Legalisierung von Sportwetten in Brasilien zu mehr Spielsicherheit, neuen Arbeitsplätze und höheren Einkommen führen wird. Eine grundlegende Voraussetzung für den Schritt ist laut Marques allerdings die Wahrung der sportlichen Integrität.

Verzögerungen durch Covid-19

Ursprünglich wurde erwartet, dass der Sportwettmarkt des Landes noch vor Ende 2020 in Betrieb genommen wird. Aufgrund der vielen regulatorischen Änderungen, die unter anderem im Dezember 2019 auf dem Glücksspielgipfel in Brasilien auf den Weg gebracht wurden, ist inzwischen davon auszugehen, dass die legalen Wetten erst 2021 in Kraft treten werden. Die Krise um Covid-19 hat die Lage zusätzlich verkompliziert.

Vorrangig hatte man sich in den letzten Monaten um die Konkretisierung des PPI-Plans bemüht, in dem Sportwetten vorerst nur eine untergeordnete Rolle einnahmen. Eine weitere Problematik bildete die Aussetzung des internationalen Profisports. In Brasilien litt vor allem der Fußball unter den Auswirkungen der Pandemie. Der Spielbetrieb wurde jedoch ab dem 19.06., trotz hoher Corona-Fallzahlen, wieder aufgenommen.

Dies sorgte für allerhand Kritik, da die Spiele stattfinden, obwohl in etlichen Notfallzentren weiterhin viele Menschen sterben. Brasilien zählt inzwischen über 121.000 Corona-Tote (Stand: 01.09.). Die Spiele finden zwar ohne Zuschauer statt, dennoch protestieren Vereine wie der Fluminense FC und der Botafogo FR gegen die Wiederaufnahme des Spielbetriebs. Die Entwicklung der Pandemie sowie ihre langfristigen Folgen sind immer noch nicht abzusehen.

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