Gibraltar: Lizenzgebühren rauf, Glücksspielsteuer runter

Das britische Überseegebiet Gibraltar hat seine Glücksspielsteuer auf 0,15 % reduziert und plant zudem ein neues Lizenzsystem mit erhöhten Gebühren einzuführen. Angesichts des Brexits kämpft der sogenannte ‚Felsen‘ offenbar schon jetzt um seine ansässigen Unternehmen und den eigenen europäischen Status.

Das Parlamentsgebäude von Gibraltar

Gibraltar soll Gambling-Hochburg bleiben: Ein „sehr niedriger“ Steuersatz soll Unternehmen trotz Brexit am Standort festhalten lassen.

Der Glücksspielminister Gibraltars, Albert Isola, hat im Rahmen seiner jüngsten Haushaltsansprache eine ebenso überraschende wie drastische Kürzung der Online-Glücksspielsteuer um 0,85 Prozent, auf lediglich 0,15 Prozent beschlossen. Mit sofortiger Wirkung wird der neue Steuersatz fortan einmal jährlich an den Bruttoeinnahmen der in Gibraltar lizensierten Unternehmen bemessen. Er gilt gleichermaßen für Sportwettanbieter wie Onlinecasinos. Isola spricht von einer „Flatrate“ für Glücksspielunternehmen.

Darüber hinaus wurde auch das Lizenzsystem der als Steueroase bekannten Halbinsel überarbeitet, wonach B2B- und B2C-Lizenzen (Business to Business/Business to Customer) zukünftig nur noch separat voneinander ausgestellt und berechnet werden dürfen.

Die ebenfalls jährlich anfallenden Lizenzgebühren sollen unterdessen von bislang überschaubaren 2.000 Pfund auf satte 85.000 Pfund pro B2B-Lizenz und exorbitante 100.000 Pfund pro B2C-Lizenz erhöht werden. Das neue Framework soll noch diesen Juli implementiert werden.

Entgegen aller Spekulationen betont Isola fortführend, dass der für Ende März 2019 angesetzte Brexit – der offizielle Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union – bezüglich jener resoluten Maßnahmen keine Rolle gespielt habe. Vielmehr ginge es hier schlichtweg um notwendige, regulatorische Ergänzungen in Anbetracht einer „sich ständig verändernden Branchenlandschaft“.

Die Splitt-Erhöhung der Lizenzgebühren seien laut Isola sowohl für den Haushaltsausgleich wie auch zur langfristigen Aufrechterhaltung der besagten „Flatrate“ unumgänglich. Letztlich seien die Veränderungen das Resultat einer Prüfung verschiedener Modelle und Möglichkeiten, alle Betroffenen hätte man diesbezüglich frühzeitig gewarnt. Natürlich gebe es dennoch „Gewinner und Verlierer“, auch in Gibraltar, doch bei der Modifizierung von Steuermodellen sei dies halt so üblich.

Unsicherheiten und Gegenwind

Durch seine niedrige Umsatzsteuer sowie die Vergabe EU-weit anerkannter Glücksspiellizenzen, gilt das britische Überseegebiet Gibraltar an der Südküste Spaniens, neben Malta, als eines der europäischen Online Gambling-El Dorados – mit Vorteilen für beide Seiten: Der Sektor generiert inzwischen mehr als 3.500 Arbeitsplätzte und über 50 Prozent des BIPs.

Im Hinblick auf Großbritanniens EU-Austritt ist jedoch eine Wolke am Horizont des Steuerparadieses aufgezogen: Einige Branchengrößen befürchten einen sogenannten „harten Brexit“, welcher nicht nur etwaige Steuererhöhungen, sondern auch die EU-weite Ungültigkeit diverser Lizenzen zur Folge haben könnte. Glücksspielminister Isola spricht an dieser Stelle von „Unsicherheiten“ und „Gegenwind“, unterstreicht gleichzeitig aber weiterhin Gibraltars Status als höchstgefragte Glücksspiel-Hochburg Europas. Einen harten Brexit hält der Politiker daher nach wie vor für „sehr unwahrscheinlich“. Dass das anstehende Szenario natürlich einen großen Einfluss auf die Glücksspielindustrie von Gibraltar hat, könne er dennoch nachvollziehen.

Die Anbieter scheinen Gibraltars zukünftige Entwicklung dramatischer zu bewerten: Im Juni hatte zuletzt der Londoner Buchmacher William Hill bekannt gegeben, ein Büro auf Malta zu eröffnen. Dem vorausgegangen war der vermeintliche Umzug von Wettgigant Bet365. Dass der Brexit bezüglich dieser Entscheidungen keinen Einfluss hatte, bekunden zwar beide Anbieter, doch wurde hierzu unlängst über vermeintliche Steuerflucht-Vorsorgen spekuliert. Laut EGR plane auch Paddy Power Betfair ähnliche ‚Vorsichtsmaßnahmen‘ zu treffen.

Fels in der Brandung?

In Bezug auf die besagten ‚Expansionen‘ erinnert Glücksspielminister Isola deeskalierend an das über Jahre hinweg gegebene „hohe Maß an Vertrauen“ – nach dem Brexit wolle das Vereinigte Königreich Gibraltar den Zugang zu weiteren britischen Fernglücksspielmärkten gewähren, bewirbt er das Glücksspiel-Delta. Es scheint als wolle Isola hier – wie auch hinsichtlich des neuen Steuer- und Lizenzapparats – in erster Linie Souveränität und Autonomie demonstrieren.

Darüber, ob die Befürchtungen großer Anbieter wie William Hill, Bet 365 oder PPB womöglich einen für Gibraltar gefährlichen Trend auslösen könnten, wurde indessen in der Fachpresse diskutiert. Ob es so kommt – oder ob der Fels der Brandung standhält – bleibt abzuwarten. Spätestens jetzt dürfte jedoch klar sein: Der Brexit 2019 wird Gibraltar und damit auch die europäische Glücksspielbranche nicht unerheblich beeinflussen.

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